Per Hängebrücke zum Testturm
Pläne im Rahmen einer Einwohnerversammlung in der Stadthalle vorgestellt
13.05.2016
„Ich bin mir sicher: Wer diese Brücke vom Testturm aus sieht, der will sie erleben und anschließend das historische Rottweil erkunden“, freut sich OB Ralf Broß in seiner Begrüßung in der Stadthalle auf das neue Projekt. Erklärtes Ziel sei es, möglichst viele Besucher vom neuen Rottweiler Wahrzeichen ins Zentrum zu lenken. „Ich rechne mit deutlichen Effekten für Handel, Gastronomie und Hotellerie in unserer Stadt – aber auch für die Museen, Sehenswürdigkeiten sowie das ganze Kultur- und Freizeitangebot in Rottweil.“
Investor ist Günter Eberhardt, Inhaber der Eberhardt Bewehrungsbau GmbH aus Hohentengen. Seine Firma zeichnete für die Stahlbauarbeiten beim Rohbau des Testturms verantwortlich. Die Projektkosten von rund 6 Millionen Euro sollen durch Eintrittsgelder refinanziert werden. Stadt und Investor rechnen mit etwa 100.000 Besuchern, die das Neckartal jährlich mithilfe der Brücke überqueren werden. „Wenn es schwierig wird, dann wird es für mich erst interessant“, machte Eberhardt deutlich, dass er Herausforderungen liebt und auch Freude daran hat, gewagte Projekte umzusetzen. „Wir sind wirklich auch bemüht, es möglichst allen recht zu machen“, unterstrich Eberhardt zudem seine Bereitschaft, auf die Menschen in Rottweil zuzugehen und gemeinsam an einer guten Lösung für die Stadt zu arbeiten.
Vorbild für das Bauwerk ist die Hängebrücke Highline 179 im österreichischen Reutte. Projektentwickler Martin Kathrein von der KTS Innovations GmbH hat bereits dieses Vorhaben realisiert und stellte im Rahmen der Einwohnerversammlung die konkretisierten Pläne vor. 15 Meter tief werden Kathrein und seine Mitarbeiter die Brücke im Fels verankern. Über zwei Pfeiler wird sich die Brücke rund 850 Meter über das Neckartal spannen und bis zu 40 Meter hoch sein. An beiden Brückenenden wird es Kartenautomaten und Drehkreuze geben. Geöffnet wird die Brücke an 365 Tagen im Jahr von 8 bis 21.30 Uhr. Besonderes Schmankerl der Österreicher: Über ein freies WLAN-Netz können die Besucher von der Brücke ihre schönsten Fotos direkt mit dem Smartphone an Freunde und Bekannte schicken oder in den sozialen Netzwerken posten.
Seit der Präsentation der ersten Ideen zur Brücke im Januar nutzten Investor und Stadtverwaltung die Zeit, um die Pläne zu konkretisieren und einen praktikablen Trassenverlauf abzustecken. So ist inzwischen klar, dass die Brücke vom Dominikanermuseum Rottweil mit seinen landesweit bedeutsamen Ausstellungen zur römischen und mittelalterlichen Geschichte Rottweils über das Neckartal hinweg bis zum Industrie- und Gewerbegebiet Berner Feld mit dem neuen Testturm gespannt werden soll. Die Rottweiler Bürger konnten mithilfe einer 3-D-Brille schon einmal virtuell die neue Brücke betreten. „Man glaubt wirklich, bereits heute direkt auf der Brücke zu stehen“, so eine begeisterte Besucherin. Zudem wurde ein Film präsentiert, der eine Ahnung davon vermittelte, wie der Brückenschlag zwischen historischem Rottweil und modernem Turm über den Neckar hinweg aussehen wird.
Auf die städtebaulichen Herausforderungen ging Rottweils Bürgermeister Dr. Christian Ruf ein: „Vieles ist gar nicht Hängebrücke und irgendwie dann doch.“ Für Hotellerie, Gastronomie und Handel wirke die Brücke wie ein Katalysator: Am Teststurm sei ein eigenes Besucherzentrum geplant, für das ehemalige Spital der Stadt stehe ein Investor in den Startlöchern, der ein Hotel bauen möchte, allgemein steige die Nachfragen nach Gewerbeflächen. Zudem sei es notwendig, zusätzlichen Parkraum auf beiden Seiten der Brücke zu schaffen und die Verkehrsströme über ein dynamisches Parkleitsystem zu lenken. Die Stadt setze hier auf private Projektentwickler und Investoren. Dass sich mit einem touristischen Gesamtkonzept eine zusätzliche Wertschöpfung für Rottweil generieren lässt, prognostizierten die Tourismusexperten von Kohl und Partner, die ein Gutachten im Auftrag des Stadtmarketings erstellt haben: „Wenn der Gast am Samstagmittag über die Hängebrücke vom Turm in die Stadt kommt, dann ist der Tag noch lange nicht zu Ende.“ Handel und Gastronomie müssten sich auf die neuen Besucher einstellen, dann habe Rottweil hier „großes Potenzial.“
Im Laufe des Abends zeigte sich: Viele Bürger stehen dem Projekt aufgeschlossen gegenüber. Insbesondere konnte auch Günter Eberhardt durch seine direkte, offene und ehrliche Art bei den Besuchern der Versammlung punkten. Im Teil Fragen & Antworten kam es aber durchaus auch zu kritischen Fragen. Manche Bürger machen sich beispielsweise Sorgen, ob eine kleine Stadt wie Rottweil den Besucheransturm verkraften könne. Sowohl Investor Eberhardt als auch OB Broß haben versprochen, dass mit den Bürgern weitere Gespräche geführt werden und die Stadt versuchen wird, Überzeugungsarbeit zu leisten.
Die Stadtverwaltung hat angekündigt, das Vorhaben nach Vorlage aller erforderlichen Planunterlagen sorgfältig zu prüfen. Ein Baustart wäre nach derzeitigem Stand im Frühjahr 2017 möglich.